300 Jahre Schlossgarten und Lindenallee


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Fritz Ferchl schreibt im Jahr 1912 in seinem kleinen Führer:

"Ein Hauptanziehungspunkt für die Thurnau besuchenden Fremden bildet der Schlossgarten. Er schließt sich an die südöstliche Seite des Schlosses an und besteht aus zwei Teilen, dem Steingarten und dem Koppengarten. Mitten durch den Steingarten, der auf der Stelle eines früheren Steinbruchs angelegt ist, führt eine majestätische Lindenallee. Sie wurde von dem gräflichen Haiducken (Gerichtsdiener) und späteren Tafeldecker Schmalz im Jahre 1706 angelegt. Ihre Entstehung verdankt sie dem damals so beliebten Mailspiel, bei dem sie als seitliche Grenze diente. (...)

Die Lindenallee endet vor dem Schwanenteiche. Nicht weit vom Teiche steht an ihr ein schmucker Teesalon, an dessen Stelle ehemals eine Gärtnerwohnung war. Der Steingarten enthält außerdem noch hübsche Blumenbeete, deren Blumen von Zeit zu Zeit wechseln, außerdem weite Rasenplätze darunter einen mit einer Fontaine. Die Reiherfigur derselben soll aus dem Reiherhäuschen in Sanspareil stammen. Eine weitere Sehenswürdigkeit des Steingartens ist der Stumpf einer Rieseneiche, die im Jahre 1896 gefällt wurde. Sie war 185 Jahre alt, hatte einen Umfang von 5,50 Meter und eine Höhe von 21,50 Meter. Sie ergab 29,03 Ster Holz.

Auf der östlichen und höher gelegenen Seite beschreiten wir den sogenannten Koppengarten. Dieser Teil des Schlossgartens gehörte ehemals einem Rotgerber H. Rehnfelder, der ihn 1616 um 110 Gulden an die Herrschaft abtrat. Koppengarten heißt er, weil er von einem Jäger namens Kopp angelegt worden ist. Er erstreckt sich bis zur alten Pfründe, der jetzigen Kinderschule. Das in ihm befindliche Glashaus (seit 1758) und das Treibhaus (seit 1763) enthalten die Orangerie, ferner eine Menge seltener tropischer Pflanzen z.B. die Musa ensete (mit essbaren Bananen). Während der Steingarten größtenteils im englischen Stil gehalten ist, ist dem Koppengarten mehr der französische aufgeprägt. Hiervon zeugt noch die französische Hecke, die unweit der Orangerie mit dem sog. Lindensaal (einem von Lindenbäumen gebildeten Rondell) beginnt und in der Nähe des Schwanenweihers in einem spitzen Winkel zur Lindenallee mit dem sog. Stern (einem ehemaligen französischen Irrgarten) endet. Weiter oben schließt sich der sog. Künßberg'sche Garten an, der jetzt größtenteils Obst- und Gemüsegarten ist. (...)
Natur und Menschenhand schufen hier ein harmonisches Ganzes voll majestätischer Schönheit und erhabener Ruhe. So (...) mancher Spaziergänger (hat) sich am Lindenduft und Vogelsang ergötzt und so manches junge Liebespaar (...) hat hier unter den Linden oder in einer schattigen Ecke den ersten seligen Traum geträumt. Sie alle werden nie die darin verlebten schönen Stunden vergessen und dabei stets in Dankbarkeit des Gräflichen Hauses gedenken, das in edler Weise den Park der Allgemeinheit offen hält." [(1), S. 31-35].

Teehaus und Orangerie
"An der südöstlichen Seite des Thurnauer Schlosses schloß sich ein Schloßpark an, der sich in den mehr im englischen Stil gehaltenen „Steingarten" und dem im französischen Stil aufgemachten „Koppengarten" gliederte. Mitten durch den Steingarten führt die 250 Jahre alte Lindenallee. Die verständnisvolle Pflege dieser Schloßanlage lag dem Grafen Carl Gottfried sehr am Herzen. Mit Hilfe tüchtiger Gärtner, so der Gartenmeister Wenzel und Wind und des Pomologen Pertsch, war der Schloßgarten gegen Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts zu einem Kleinod herrschaftlicher Gartenkultur geworden. Besondere Vorliebe zeigte der Graf für Orangenbäume. Vor dem Portal des Maximiliansbaues (...) waren solche Orangenbäume, in Holzbottiche gesetzt, zur Zierde aufgestellt. (...) Drüben in der sogen. 'Orangerie', einem Gewächshaus im Koppengarten, gab es außer Orangenbäumen noch andere 'Exoten'." [(3), S. 61]
 

Die Lindenallee wurde vor gut 300 Jahren gepflanzt
"Seit dem 18. Jahrhundert war Thurnau durch seine Vielzahl von Alleen recht bekannt. Die 'Perle' unter diesen Alleen war zweifellos die Lindenallee im Schloßpark. Angelegt zwischen 1698 und 1703, aus ursprünglich 107 Bäumen bestehend, bot sie einen imposanten Anblick. Die beiden Begründer der deutschen Romantik, Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder, die auf ihrer Pfingstreise von 1793 auch durch Thurnau kamen, äußern sich noch etwas zurückhaltend über sie. Tieck stellt recht nüchtern fest: 'In Thurnau hielten wir; denn dort ist ein gräflicher Garten, den man besehen darf. Er hat einige sehr angenehme Gänge, sehr viel Besonderes ist nicht daran,' Wackenroder berichtet detaillierter: 'Wir kamen durch das Gebiet des Grafen Giech, in dessen Hauptstadt (!) Thurnau wir etwas ausstiegen, um den Hofgarten zu besehen. Er hatte eine sehr große schattige Allee, Hecken, Gebüsche, französische Anlagen und Küchenpartien.' Sehr beeindruckt zeigten sich dagegen später Alexander von Humboldt und Jean Paul, der sogar vom 'hehrsten Laubdom Deutschlands' sprach. In einem heftigen Unwetter im Jahr 1968 gingen die letzten der über 200 Jahre alten Baumriesen unter." [(5), S. 36]

 

      

Der Teepavillion ca. 1905                              Der Teepavillion vor 1960
[Gemeindearchiv Thurnau]

=>  Der ehemalige Teepavillion in seinem heutigen, verwahrlosten Zustand

Literatur
(1) F. Ferchl, Thurnau und Umgebung. Verschönerungsverein Thurnau 1912.  
(2) A. Häußinger, Lebschée und das Album Thurnau. Thurnauer Blätter, 2/2001
(3) G. Schwarz, Die Grafen und Herren von Giech auf Schloß Thurnau.
     Heimatbeilage zum Amtlichen Schulanzeiger des Regierungsbezirks
     Oberfranken, Februar 1979 Nr. 66
(4) Uta v. Pezold, Adelige Standesherrschaft im Vormärz. Die Tagebücher des
     Grafen Carl von Giech (1795-1863). Freunde der Plassenburg, München /
     Kulmbach 2003
(5) Thurnau 1239 - 1989 (Versch. Verfasser), Markt Thurnau 1989

           


     
 Eingang zum Schlossgarten,
 "
durch die Linden-Allee, gepflanzt 1706"
 Tonlithographie von C. A. Lebschée 1851: Tafel XII

 


 

Schlossgarten mit Blick auf das Teehaus
Alt kolorierte Fassung der Tafel XIV
Tonlithographie von C. A. Lebschée 1851
[Eigentum: Rudolf Hunebald]

 

 

 

Die Orangerie im Schlossgarten
[Postkarte im Gemeindearchiv Thurnau]

 

 

 


Ortsplan aus der Zeit um 1890 (Ausschnitt)
Rechts neben dem langschmalen Dreieck der Weiherwiese
die Lindenallee sowie das Teehaus und der Springbrunnen
eingezeichnet. [(5), S. 37]


 

Die Lindenallee vor 1920 [Gemeindearchiv Thurnau]

 

Die Bilder aus dem Thurnauer Gemeindearchiv erhielt ich
dankenswerterweise von Herrn Tobias Lauterbach zusammen mit weiteren Informationen.

 

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