Der Maler Carl August Lebschée (1800 - 1877)


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Die Entstehung des Lithographie-Albums Thurnau

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"Es würde zu weit führen, die Entstehung der Lithographien im Album Thurnau in allen Einzelheiten zu verfolgen, obwohl die Tagebücher Lebschées dies erlauben würden. Es weien hier nur die wichtigsten Einzelheiten dazu erwähnt.
Carl Graf von Giech hatte Lebschée am 12. Sept. 1850 in München aufgesucht und ihm seinen Plan mitgeteilt, ein Gräfl. Giech'sches Lithographie-Album Thurnau in einem Privatdruck herauszugeben, in dem Lebschée die Abbildungen aller Giechschen einstigen und jetzigen Schlösser und deren Wappen auf Stein zeichnen sollte. Lebschée nahm den großen Auftrag sofort an und reiste wenige Tage später, vom Grafen eingeladen, nach Schloß Thurnau, um sofort mit seinen Zeichnungen nach der Natur zu beginnen.
Mit der Fertigung der ersten sechs Lithographien mit Tonplatte begann der Maler in München am 4. Februar 51. Die ersten Abdrucke aus der damit beauftragten Lithographie-Druckerei J. B. Kühn gingen am 20. Dez. 51 wohlverpackt in einem Kistchen mit der Post nach Thurnau. Die Druckereien wechselte Lebschée häufig, da seine Aufträge zu langsam ausgeführt wurden. Von den einzelnen Steinen und Tonplatten, versehen mit Unterschriften, mit dem Jahr der ersten zeichnerischen Aufnahme, Numerierung und Einfaß- oder Verzierungsrändchen wurden jeweils 28 - 40 Abdrucke hergestellt, immer in Anwesenheit des Künstlers, der die Drucke leiten und überwachen mußte von früh bis spät. Manchmal mußte der Maler auch noch Retouchen und Correcturen an den Abdrucken vornehmen.
Für jede Lithographie mit Tonplatte erhielt Lebschée zunächst 22 Gulden. Ab Januar 56 verlangte er aber 30 Gulden für jede Steindrucktafel. Die Bezahlung für die Steine (je 2 Gulden), die Tonsteine (je 2 Gulden), französische Pauspapier Kl. Format 12 Bogen a 30 Kreuzer, französisches Druckpapier, das Buch mit 25 Bogen a 2 Gulden, 12 Kreuzer. Fertigstellung der Numerierung, der Unterschriften mit der Jahresangabe der zeichnerischen Aufnahme und Ausführung der Verzierungsrändchen durch die Kalligraphen Robert Zimmermann, Sebald und Haas erfolgte gesondert durch die Domänen-Rentamtkammer unter Secretär Roder in Thurnau.
Nach Lieferung der einzelnen Abdrucke sprach Graf Giech Lebschée seine Zufriedenheit aus und ließ ihn einen neuen Honorarvorschuß von 50 - 98 Gulden für die kommenden Arbeiten überweisen, den Lebschée im Einzelnen dann mit Secretär Roder abrechnete.
Am 6. Januar 1856 teilte Lebschée dem Grafen mit, daß er die 3. Abtheilung von je 6 Lithographiesteinen zum Album Thurnau beginne. Das farbige Wappen des Grafen für den Titel des Albums zeichnete der Maler am 18. und 19. Dez. 53 auf. Da Lebschée im Jahre 1854 wegen der in München herrschenden Cholera nicht, wie geplant, nach Thurnau zum weiteren Zeichnen kommen konnte, erwarb Graf Giech alle seine Naturzeichnungen zum Album Thurnau für sein eigenes Album mit den Originalen, in das später neben den fertigen Lithographien auch alle anderen Sepia-Aquarelle Zeichnungen Lebschées Aufnahme fanden, die nicht als Steindrucke ausgeführt wurden.
Im Herbst 1855 war Maler Lebschée erneut nach Schloß Thurnau eingeladen, um weitere Zeichnungen für die kleinen Lithographie-Vignetten des Albums aufzunehmen. Auf das vom Domänen-Rentamt in Thurnau für diese Reise nach Thurnau gewährte Reisegeld von 24 Gulden, mußte der Maler 16 Gulden aus seiner eigenen Tasche darauf legen, wie er seinem Tagebuch anvertraute.
Am 16. Sept. 56 waren alle 28 großen Lithographien im Album fertiggestellt. Das Titelblatt für das Original(e)-Album des Grafen mit der von Lithograph. T. P. Herwegen entworfenen, gotischen Titel-Schrift fing Lebschée am 10. Dez. 56 zu schreiben an. An seinem 57. Geburtstag (27. Juli 57) schreibt der Maler ganz deprimiert trotz aller Arbeit in sein Tagebuch: So verging auch dieser traurige Tag, wieder ohne Hilfe, ohne einige Hoffnung, wie mir geschehen wird in meiner druckenden Geldnoth und habe niemand, dem ich mich, ohne mich herabzuwürdigen, offenbaren kann, ich stehe wie auf Kohlen vor innerer Angst wegen blamirt sein, wie soll und wird das enden? - So ist das Künstlerleben.
Als er am l. Juni 58 von Freund und Madame Doll Besuch erhält, übergibt er ihnen zum Andenken ein Album Thurnau. Im Zimmer des Direktors des Münchner Reichsarchivs, Herrn von-Rudhardt, als er an der Herstellung von Wachs- und Gipsabdrucken der Siegel an alten Giechschen Urkunden arbeitete, lernte er im Okt. 58 den Bamberger Professor Reuther kennen, der ihn abends in seiner Wohnung aufsuchte und sich mit ihm über Kunstgegenstände in Franken unterhielt. Die letzten Abdrucke von den Lithographie-Steinen zum Album Thurnau nahm Lederer, der Bediente des Grafen, am 18. Jan. 59 nach Thurnau mit. Der Graf bestellte am 5. Juni 60 brieflich die Zeichnung Lebschées die Bannsäule mit der eisernen Hand unweit Rottmannsthal bei Weismain in Oberfranken. Lebschée nahm die Zeichnung aus seinem Skizzenbuch heraus und machte sie dem Grafen zum Geschenk. Sicher fand sie Aufnahme im Album des Grafen mit den Originalen Lebschées. Graf Giech und Maler Lebschée sollten sich am 20. Jan. 61 zum letzten Mal in München sehen. Damals schenkte der Graf dem Maler ein Buch über Rechtsgeschichte  von Hofrat Zöpfl, dem aus Bamberg stammenden Universitätsprofessor in Heidelberg. Graf Giech fing an zu kränkeln.
Am 26. Jan. 62 las Lebschee in der Zeitung die ihn erschütternde Nachricht, daß Hr. Heinrich Günther gräfl.: Schloßgärtner b. S r. Erlaucht Hrn. Grafen von Giech in Thurnau, 60 Jahre alt, gestorben sei. Ruhe aus, braver deutscher Mann, liest man im Tagebuch des Malers.
Schon ein Jahr später erfährt Lebschée aus dem Landboten No. 36 vom 3. Februar 1863 die Hiobsbotschaft, daß Herr Graf Friedrich Carl von Giech am 2. Februar 1863 abends daselbst verschieden sei. Lebschée will es noch gar nicht glauben. Aber am 18. Februar 63 trifft von Kanzlei- und Domänenrat Roder die Todesanzeige mit gedruckten Briefzeilen bei ihm ein. Lebschée kondolierte nun postwendend. Graf Giech wurde in Thurnau beerdigt. Seine Grabplatte schuf Johann Halbig 1865.

Auch nach dem Tode des langjährigen Auftraggebers und Gönners Carl Graf Giech unterstützte die Hohe Frau Gräfin von Giech den Maler noch einige Jahre mit finanziellen Zuwendungen für seine 28 großen und 62 kleineren Tonlithographien im Album Thurnau, die für die Denkmalpflege im Thurnauer Raum von großer Bedeutung sind, hat Lebschée - laut Tagebuch - in der Zeit von 1850 bis 1859 insgesamt 13l7 Gulden und 20 Kreuzer erhalten. Bei anderen Lithographie-Aufträgen bekam er für jede Tonlithographie 30 bis 50 Gulden, mußte dann aber auch die Nebenkosten bei der Herstellung der Steindrucke selbst übernehmen, was bei der Herstellung des Gräfl. Giechschen Lithographie-Albums nicht der Fall war. Zählt man die 358 Gulden, die Graf Giech Lebschée für dessen Naturzeichnungen zum Album Thurnau gesondert bezahlte und die von Gräfin Giech nach dem Ableben ihres Mannes dem Maler noch gewährten Zuwendungen von 135 Gulden zum Honorar hinzu, so kommt man auf ein endgültiges Gesamthonorar von 1849 Gulden, die der Maler für 10 Jähre intensive Arbeit, abgesehen von den kostenlosen Aufenthalten im Schloß Thurnau, erhalten hatte. Diese Summe ermöglichte es dem Maler, 10 Jahre lang seine Wohnungsmiete bezahlen zu können, die im Jahre zwischen 150 und 180 Gulden kostete.
Lebschée hatte jährlich l - 2 Gulden Steuer und 6 Gulden Armengeld für noch Ärmere zu bezahlen. Seinen Jahresbeitrag für den Münchner Geschichtsverein in Höhe von ca. 3 Gulden bezahlte er aber regelmäßig bis zum Jahre 1858, in dem er sich gezwungen sah, aus finanziellen Gründen dem Kassier seinen Austritt zu erklären und er sich im Verlaufe des Juni nicht mehr als Mitglied ansehe. In den Jahren nach 1863, in denen die Oberfrankenhilfe ausblieb, halfen langjährige Münchner Freunde durch Aufträge dem Maler sich über Wasser zu halten. Es halfen insbesondere der Bibliothekar Dr. Konrad Föringer, Kaufmann August Obermaier, Buch- und Kunsthändler Georg Franz, König Ludwig II., Chlodwig Fürst von Hohenlohe Schillingsfürst, Carl Maria von Aretin, der Begründer des Bayer. National-Museums, Dr. A. von Langlois und vor allem der Historische Verein von Oberbayern, der sich für sein stets interessiertes und für die Vereinsaufgaben so tätiges, ehemaliges Mitglied verpflichtet fühlte. Lebschée erhielt 1866 vom Verein den Auftrag, die um 1590 von Hans Donauer dem Älteren im Antiquarium der Münchner Residenz geschaffenen und allmählich unkenntlich zu werden drohenden Wandmalereien mit den ältesten Ansichten von altbayerischen Städten, Märkten und Burgen in 96 aquarellierten Sepia-Handzeichnungen - 5 Gulden für jedes Blatt! - zu kopieren. Bis 1871 war der nun 70jährige Maler unter erheblichen körperlichen Strapazen auf den Gerüsten im Saal des Antiquariums für die Erhaltung dieses Kunstdenkmals begeistert, trotz aller Anstrengungen, tätig.
Der Münchner Geschichtsverein besitzt mehr als 200 Handzeichnungen des Malers und seinen Nachlaß an Manuskripten, ein wahrer Schatz für den Verein, einzig in seiner Art, wie man in einem Vereinsbericht lesen kann. Lebschée hat sich mit seinen Architekturzeichnungen, die zu den schönsten des 19. Jahrhunderts gehören, für die frühe Denkmalspflege in ganz Bayern eingesetzt, und war damit seiner Zeit um 100 Jahre voraus. In seinen letzten, qualvoll verbrachten Lebensjahren ging der Maler, halb blind nach einer Netzhautablösung, am Stock, unterstützt von ein paar hilfreichen, guten Menschen. - So ist das Künstlerleben, pflegte er öfters in sein Tagebuch einzuschreiben. Arn 13. Juli 1877 hatte alle Plage für diesen einsamen, stolzen und eigenartigen Künstler ihr Ende.
Im November 1877 veranstaltete der Münchner Kunstverein eine Gedächtnisausstellung für Lebschée mit seinen hinterlassenen Handzeichnungen, an denen er besonders hing. Sie wurden dabei und später auch bei einer Auktion des Kunsthändlers und Antiquars Reichardt nach auswärts verkauft und der Rest des Nachlasses am 6. Februar 1879 von der Montmorillon'schen Kunstanstalt in München versteigert.
Zwei Jahre nach Lebschées Tod veröffentlichte 1879 HYACINTH HOLLAND im 38. Band des Oberbayerischen Archivs eine erste Lebensbeschreibung und vorläufiges erstes Werkverzeichnis nebst einem Photoporträt des Malers, das Franz Hanfstängl am 12. Juni 1854 aufgenommen hatte. HOLLAND führt in seinem Werkverzeichnis 335 Handzeichnungen, 63 Radierungen, 35 Holzschnitte, 24 Stahlstiche, 184 Lithographien und einige Ölbilder Lebschées auf. In neuester Zeit ist dem Künstler ein weiterer, verständnisvoller Biograph erwachsen in der Person des Schriftleiters vom Historischen Verein von Oberbayern, Herrn Archivdirektor Dr. LUDWIG MORENZ, der 1970 in einer Ausstellung im Münchner Stadtarchiv und in einem Katalog auf die 96 Handzeichnungen Lebschées mit den Kopien der Donauerschen Wandmalereien von altbayerischen Städten und Burgen im Antiquarium der Münchner Residenz aus der Zeit um 1590 hinwies, die ohne die Arbeit Lebschées in den Jahren 1866 - 71 verloren wären.
Zum 100. Todestag des Malers hielt LUDWIG MORENZ am 25. Juli 1977 vor den Mitgliedern des Münchner Geschichtsvereins einen viel beachteten Vortrag über Lebschée, der 1977 im 102. Bericht des Oberbayerischen Archivs im Druck erschien. Er enthält viele neue biographische Einzelheiten aus Lebschées Tagebüchern und erfreulicherweise 75 reproduzierte Bilder, die Wiedergabe zweier Tagebuchseiten und seines Fotoporträts von 1854. Das gräflich Giechsche Lithographie-Album Thurnau bekrönte die historischen Arbeiten und die Sammeltätigkeit von Carl Graf von Giech. Es stellt ein unvergängliches, gemeinsames Denkmal Graf Giechs und Maler Lebschées für die ehemalige Herrschaft Thurnau dar. Da Graf Giech in den letzten Jahren seines Lebens kränkelte, unterblieb eine weitere Bearbeitung und Verbreitung des Albums Thurnau, über das nun, nach über 100 Jahren zum ersten Mal näher berichtet werden kann. Die vorliegende Arbeit soll das Wirken Lebschées in Franken näher beleuchten, sein Werkverzeichnis bedeutend erweitern, und dem um die frühe Denkmalpflege auch in Franken so verdienten Maler und Geschichtsfreund nach 100 Jahren ein Denkmal in Oberfranken setzen. Eine umfangreiche, farbige Wiedergabe seiner hervorragenden Architekturzeichnungen aus ganz Bayern in einer Monographie wäre ein Desiderat bayerischer Kunstgeschichte und eine Augenweide für die Betrachter, zu der vorliegende Veröffentlichung Vorarbeit leisten möchte."
[(8), S. 462 - 467]

     Literatur
(1) A. Häußinger, Lebschée und das Album Thurnau. Thurnauer Blätter, Februar 2001  (Manuskript)
(2) B. Huber, Auf der Suche nach historischer Wahrheit. Carl August Lebschée (1800 - 1877).
      Ein Münchner Künstlerleben. Dölling und Dalitz Verlag 2000
(3) G. Schwarz, Die Grafen und Herren von Giech auf Schloß Thurnau. Heimatbeilage zum
     Amtlichen Schulanzeiger des Regierungsbezirks Oberfranken, Februar 1979 Nr. 66
(4) U. v. Pezold, Adelige Standesherrschaft im Vormärz. Die Tagebücher des Grafen Carl
      von Giech (1795-1863). Freunde der Plassenburg, München/Kulmbach 2003
(5) Thurnau 1239 - 1989 (Verschiedene Verfasser), Markt Thurnau 1989
(8) B. Müller: Carl August Lebschées Reisen nach Franken. Bericht des Historischen Vereins für
     die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums. Bamberg. 115. Bericht - Jahrbuch 1979.

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Carl August Lebschée
Selbstbildnis [in (1), S. 1]

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz Friedrich Carl Graf von Giech
(1795 - 1863), ehemaliger königlich bayerischer
Regierungspräsident von Mittelfranken
[in (4), S. II]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                            

Schloss vom Marktplatz - Album Thurnau Tafel II

 

 

 

 

"Thurnau und seine Umgebungen" 1854
  Lithographie auf dem Mappendeckel

 

 

 

 

Alle Lithographien haben im Original einen Rand
mit kunstvoll ausgebildeten Eckverzierungen.

Um die Dateien zu verkleinern, wurde bei den Tafeln
der Rand weglassen wie auch die Nummerierung oben
und die zweite Textzeile unten (zumeist die Jahreszahl).

 

               Schlossgarten mit Teehaus - Tafel 14. 1851

 

 

 

 

          

            Alt kolorierte Fassung der Tafel XIV [Eigentum: R. Hunebald]

 

 

 

 

 


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