Das Kasendorfer Konfessionsbild -4-

Besonderheiten des Kasendorfer Bekenntnisbildes

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[Leseprobe aus Wolfgang Brückner: Lutherische Bekenntnisgemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts.
Katalog
lutherischer Bekenntnisgemälde Nürnberger Typus in Franken - S. 263 und 264]

6. Kasendorf/Oberfranken

Ev.-luth. Pfarrkirche St. Kilian, südliche Chorwand, gestiftet von dem Nürnberger Englischen Tuchfärber" und Mitglied des großen Rats, Friedrich Hübner aus Heubsch, samt Transport in seine Heimatgemeinde 1602.

Andreas Herneisen, Nürnberg, signiert am Fuß des Kreuzes zwischen den beiden Schlüsseln: AH 1602.
Öl auf Leinwand 148,4 x 182,5 cm (restauriert 2005/06).

Besonderheiten

Innerhalb der wie in Mögeldorf fast quadratischen Fläche ist die dortige Zweiteilung hier in die Waagerechte verlegt. Damit ist ein noch deutlicheres Oben und Unten erreicht. Das Augsburger Geschehen ist so tatsächlich auf umlaufende Bänke ver­teilt und damit auch dort eine optische Zweistreifigkeit gewon­nen wie im oberen Teil, wo Abendmahlsgeschehen und übrige Kasualien klar in zwei Schichten übereinander geordnet sind, so daß die Gesamtkomposition aus vier Viertelstreifen besteht. Die Überreichung der C.A. geschieht als Disput zwischen dem aufrecht in der Mitte unter dem Kreuzaltar stehenden Kurfürsten von Sachsen mit den beiden Büchern und der Insignie des aufrechten Kurschwertes als Verwalter des Reichsmarschallamtes. Mit dem Rücken zum Sachsen sitzt auf einer Kathedra der Erzbischof von Trier und doziert vor dem thronenden Kaiser. Der Mainzer Kurfürst und Erzkanzler des Reichs ist hier als Kardinal dargestellt - gemeint ist also Luthers Gegner Albrecht von Brandenburg. [C.A.= Confessio Augustana]

Luther und Melanchthon erscheinen persönlich im Bild als Abendmahlspender (s. dazu unten). Die Widersacher der luthe­rischen Sakramentslehre werden nicht mehr zu zweit oder zu dritt im Hintergrund aus der Kirche gewiesen, sondern direkt am zentralen Altar vorn deutlich und in größerer Zahl mit Namen genannt. Dafür ist die Zitation von Luthers einschlägigen Schriften auf dem Antependium an dessen linke Seite gerückt, damit rechts Platz bleibt für zehn Ketzernamen und den Verweis auf Ihren Vatter, den Teufell, der unmittelbar darunter als Schlange mit feurigem halbkreisförmigen Gezüngel durch Christi Fuß niedergetreten wird. Die logische Weiterentwicklung dieses Zusammenhangs an jener Stelle mit Hilfe der feurigen Zungen findet sich wenige Jahre später in Eisenach (Kat.-Nr. 21 ff.). Es sind dies Karlstadt, Zwingli, Schwenckfeld, Campanus, Oekolampad /Calvin, Beza, Müntzer, Wiedertäufer, Papst.

Insgesamt ist die Beschriftung des oberen Teils eine der dichtesten; vor allem der rechte Rand enthält zusammengefaßt die längeren Gebetszusätze aus vorangegangenen Gemäldefassungen und darüber ganz am Rande oben rechts die einzigen Hinweise auf den Mesnerdienst innerhalb der Konfessionsgemälde.

Beschriftungen

Auf dem Rahmen oben Er hat ein gedechtnus gestifftet seiner wunder, der gnedige unnd barmhertzige Herr. Halleluja. Psalmo. CXI. versu. Illl., unten: Historia der Augsburgischen Confession mit Verzeichnus der Fürsten vnnd Herrn so sich darzu bekend haben. Anno 1530.

Innerhalb der Malerei in der unteren Hälfte: über den Wappen der Fürsten und Stadtvertreter deren Namen, beginnend mit Carolus 5 Rex Imp., Bohein, Pfaltz, Coln, auf der Schulter des Mainzer Kardinals eine Zeile aus kryptischen Versalien; in der Armhöhe des stehenden sächsischen Kurfürsten vier Zeilen und zu seinen Füßen unter dem Wappen sechs weitere Zeilen: Ich schäme mich des Evangely / nicht von Christo denn es ist eine / krafft Gottes die da selig macht / alle die daran glauben Rom: 1 [= Rom 1,16], und: Denn so du mit dem munde bekennest/Jesum das er der Herr sey vnd glaubest in deinem / hertzen das ihn Gott von den Toden aufferwecket / hat so wirst du selig. Denn so man von hertzen /glaubet so wird man gerecht. Vnd so man mit dem Munde bekennet so wird man selig Rom W [= Rom 10,10].

Entlang dem hochgereckten Kurschwert, von seinem Mund ausgehend, steht die aufgelöste Devise des Schwertes: Verbum Domini Manet In Aeternum und an dessen Spitze im freien Feld (kaum mehr lesbar): Jedermann sey vntherthan / der Obrigkeit die gewalt [über ihn hat] denn Sie ist Gottes Dienerin. Rom.[= Rom 13,1 verkürzt]. Auf dem Beschnitt der beiden von ihm gehaltenen Bücher steht: Confession und Apologia. Rechts hinter den Ratsherrn bei den beiden obersten: Ich rede von deinen Zeugnussen, /für Königen vnnd schäme mich nicht. /Psalm 119. Dann schräg nach unten über den nächsten vier in drei Zeilen die bekannte Information: Diese Vier Stadt haben ... In der oberen Hälfte rechts vier vielzeilige Texte untereinander: Ist Gott für vns wer mag wider vns sein welcher auch seines / einigen Sons nit hat verschonet sondern hat ihn für vns alle dahin /gegeben, wie solt er vns mit ihm nicht alles schencken. Wer will die / Ausserwelten Gottes beschuldigen Gott ist hie der da gerecht mach / Wer will verdamen Christus ist hier der da gestorben ist, welcher ist zu / rechten Gottes vnnd verdrit vns / Rom. 8 [= Rom 8, 31-34, verkürzt in 34].

15-zeiliges Gebet wie in Kat.-Nr. 3: Den ewigen Sohn Gottes vnsern Herrn vnd Heiland ... Amen.
F
ünf Zeilen wie bekannt: So wir sagen wir haben keine Sünde ... Johan: 7.
F
ünf Zeilen die eigentliche Generalüberschrift wie üblich: Ettliche vortreffliche Helden Fürsten ... 1530 ...so waar in Gott helff.

In der Mitte des Gemäldes oben unter Gottvater mit den üblichen beiden Schriftzeilen Gloria ... und Das ist mein lieber Son ... der Altar mit dem Kruzifix und dem dahinter befindlichen Tuch voller Schriftstellen, diesmal ausführlicher. Fünf Zeilen: Mir ist gegeben aller gewalt..., vier Zeilen: Für war ertrug vnsere kranckheit ..., drei zeilen: Warlich, warlich ich sage euch ..., drei Zeilen: Ja mir hastu arbeit gemacht..., eine weitgehend zerstörte Zeile aus Lukas. Die am Fuß des Kreuzes von den vier Aposteln und Evangelisten vorgewiesene Tafel enthält diesmal beide Haupttexte: die Einsetzungsworte und das Vaterunser. Auf dem Altartuch links unter dem Kelch des Paulus: Diese ist, der da kompt mit Wasser, Geist und Blut... 1. Johan. 5. Rechts in drei Zeilen drei Schriftstellen: Was Gott redt ... Rom 4. II Denn bey Gott... Luce 7. // Denn so er spricht... Psalm. 33. Auf dem Antependium links: Zeugnus D. Martini Luther! Vom Heiligen Abendmal, danach neun bibliographische Nachweise zwischen 1519 und 1544 sowie der Große und Kleine Katechismus Lutheri.
Rechts: Der F
ürnembsten Schwermer vnd Ketzer Namen so sich allezeit wider/diß allerheiligste Sacrament des leibs vnd bluts Christi gelegt darwider gelert vnd geschriben haben; in zweimal fünf Reihen: D. Andreas Carlstadt. / Virich Zwingel. / Caspar Schwenckfeld. / Johann Companus. //Johann Cavinus. /Theodorus Beza. /Thomas Müntzer. / Widertaüffer. /Bapst. //Vnnd Ihr Vatter der Teuffel. Darunter in winzig kleiner Schrift in zwei Zeilen über die Fransen des Altartuchs und den Durchblick auf Tod und Teufel wie üblich: Der Tod ist verschlungen ... 7. Corinth. Die unlesbar gewordenen drei kurzen Zeilen zwischen der Feuer speienden Schlange und dem hohen Hut des Herzogs von Lüneburg gehört zum Verführer, den Christi Fuß sich unterthan" macht. Das Abendmahlsbrot wird diesmal wie in Kat.-Nr. 1 [= Nürnberg] und später bei den Eisenach-Nachfolgern rechts gereicht und zwar physiognomisch deutlich erkennbar durch Martin Luther: Nimb hin vnnd eß das ist der Leib Jesu Christi / der für deine Sünde in den Tod gegeben. Den Kelch auf der linken Seite reicht ein ähnlich scheinender Geistlicher, der jedoch Melanchthon darstellen soll mit seinen flatternden Haaren und schütterem Bart, auch wenn sein Gesicht viel zu breit geraten ist. Er spricht dazu: Nimb hin vnnd trinck das ist das Blut Jesu Christi / das für dein Sund vergossen ist. Über dem Ende der sich anstellenden Frauengruppe links: Gott sey gelobet vnd gebenedeyet... Kyrieleison.

Die
übrigen Beschriftungen der Kasualien: oben links die Beichte nach den Drey Stuck einer warhafften Büß. /... besserung des Lebens. Über der Kanzel vier Zeilen: Das ist ie gewißlich war ... 1. Timoth. 1. Auf der Kanzeltonne neun Zeilen: Meine Kindlein sündiget nicht / ... 1. Johan. 2. Auf der Wange der Kanzeltreppe fünf Zeilen zur Entgegennahme einer Fürbitte: So ermane ich euch nun ... 7. Timoth. 2. Zur Taufe auf dem Taufstein und seinem Fuß zweimal drei Zeilen: Das Blut Jesu Christi... 1. Johan. 7. //Denn wievil ewergetaufft... Gal. 3, auf der Stufe: Lasset die Kindlein ... Mar: 10, über der kleinen Prozession mit der Taufkerze: Sihe das ist Gottes Lamb ... Johan: 1.

Im Hintergrund am linken offenen Kirchenportal über dem Almosenspender mit kniendem Bettler: Habt acht auff ewer Allmosen das Ihr die nicht gebet // für den leiten, das ihr vor Ihnen gesehen werdet// Matth. 6. Cap., über den Kirchenbesuchern daneben: Selig sind die das Wort Gottes hören ... Luc: 11. Am rechten offenen Kirchenportal unter dem Sabbatschänder samt Teufel mit hohem Weinglas fünf Zeilen: Seid nüchtern vnd wachet... 7. Pet. 5. Über den Singknaben sechs Zeilen: Lasset das Wort Christi ... vnd geistlichen Liedern. Coloss. 3. Über der Orgel mit Schläger und Kalkant fünf lange Zeilen: Lobet den Herrn mit Posaunen ... Psal. 150. Der Katechismusunterricht ist beschriftet neben der Lehrkanzel mit den vier Fragen: Wes glaubens seid Ihr: / Warumb seid Ihr Christen: / Was sol ein Christ wissen: / Was ist der Catechismus: Die bekannten Antworten finden sich zum Teil unleserlich geworden in sieben Zeilen auf der Bretterwand vor den Befragten: Wir sind Christen ... Dahinter eine Ansammlung von Kindern unter der Aufsicht zweier Männer.

Die Eheschließung vor einem Altar mit Adam und Eva samt Schlange am Baum der Erkenntnis ist wie stets mit drei Beschriftungen versehen, links vom Altar in zwei Absätzen. Zunächst acht Zeilen: Gott schuf den Menschen ... Genes: 7 .; darunter vier Zeilen: Gott der Herr sprach, es ist nicht gut... Genes. 2. Auf dem Altartuch vier lange Zeilen: Der Herr segen euch ... Zwischen dem Brautpaar: Wie nun die gmeine Christi ist unterthan ... Zum Ephesern am 5. Ganz rechts an den Rand gedrängt neben den Brautaltar erkennt man einen Mann hinter einem Bogen das Glockenseil ziehen, daneben vier kaum mehr leserliche Zeilen: O M[ensch] / barm. Eil ... bete / Du wirst dein ... / versäumen. Darunter trägt ein Mann Speise und Trank nach außen, dazu zwei lange Zeilen senkrechte Beschriftung an den äußersten Rand gezwängt und ebenfalls kaum mehr zu entziffern; ... Wurst vnd wein, Die wil ich tragen heim l... darin labet. Wesn vns deinen redlich habet. Es geht um den Mesnerdienst und seine Entlohnung, hier im Zusammenhang einer Hochzeit.

Literatur

AUGUST GEBESSLER: Stadt und Landkreis Kulmbach. Bayerische Kunstdenkmale III. München 1958, S. 62. - SCHILLER 4,1 1976, S. 332 u. Abb. S. 397. - MARSCH 1980, S. 47-51 u. Farbabb. Nr. 26, 27. - REINHART 2000, S. 65-68. - DIETER SCHMUDLACH: Die Kasendorfer Pfarrkirche. 2002.

Foto: Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn (Taf. 10)

[Leseprobe aus WOLFGANG BRÜCKNER: Lutherische Bekenntnisgemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die illustrierte Confessio Augustana. Schnell + Steiner, Regensburg 2007]


    Verzeichnis der verwendeten Literatur

1) Bamessel, H., Pfarrchronik aus dem Jahre 1914. In Auszügen abgedruckt in
    Der Kiliansbote Nr. 176 / Febr.-April 1986 und Nr. 180 / August-Sept. 1986.

2) Jahreiß, K., Die Kirche zu Kasendorf. Aus der fränkischen Heimat, Nr.4/1978.

3) Marsch, A., Bilder zur Augsburger Konfession und ihrer Jubiläen. Anton H. Konrad Verlag,
    Weißenhorn (Bayern) 1980. 

4) Markt Kasendorf in Vergangenheit und Gegenwart (verschiedene Verfasser),
    Heimatbuch zum 700-jährigen Jubiläum, Kasendorf 1986. 

5) Pilz, K., Die St. Nikolaus- und Ulrichskirche in Nürnberg-Mögeldorf.
      Ihre Geschichte und Kunstwerke (Kirchenführer), 1980.

6) Kopie der 'Hübnersstiftung' (übertragen von Richard Lenker)

7) Wolfgang Brückner: Lutherische Bekenntnisgemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts.
    Die illustrierte Confessio Augustana. Schnell + Steiner, Regensburg 2007  => Kirche Kasendorf

Dieses Manuskript wurde auf der Grundlage eines Aufsatzes für das Heimatbuch (1986) 1991 nach
den o. g. Quellen zusammengestellt und im November 2002 sowie im Juli 2005 noch einmal überarbeitet.


Hier finden Sie neuere Fotos des Kasendorfer Konfessionsbildes in meinem PICASA-Webalbum

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        Bild 1

Das 1602 von Andreas Herrneisen gemalte Kasendorfer Konfessionsgemälde:
Übergabe der Bekenntnisschriften an Kaiser Karl V (links) auf dem Augsburger Reichstag von 1530.
[Nach der Restaurierung von 2005 durch Dipl.-Restauratorin Jutta Minor]    => größer [704 kB]

=> Neue Aufnahme [D. Sch. 7/2006 - hohe Auflösung: 719 kB]

 

      Bild 2

Ausschnitt aus dem Kasendorfer Konfessionsgemälde:
In der Mitte der Kurfürst von Sachsen, Johann der Beständige
mit der CONFESSIO AUGUSTANA und der
APOLOGIA CONFESSIONIS AUGUSTANAE,
dahinter die Fürsten, welche die "Confessio" unterschrieben
haben. Links des Kurfürsten von Sachsen ist (vorne sitzend)
der Kurfürst von Trier zu sehen.
[Ausschnitt aus A. Marsch = Lit. 3, Abb. 26]
 

 

    Bild 3

In diesem Ausschnitt sind wichtige Teilstücke der lutherischen Lehre zu sehen,
das Abendmahl und darüber die Taufe. Unterhalb des Altares wird auf  Tod
und Teufel hingewiesen, welcher durch  Jesus Christus überwunden wurde.
[Ausschnitt aus A. Marsch = Lit. 3, Abb. 26]

 

       Bild 4

Detail beim Kreuz: Teile der Schrift sind nicht mehr erkennbar. [Foto: Jutta Minor]

 

 

   Bild 5

=> größer [391 kB]

1602 von Andreas Herrneisen gemaltes Konfessionsbild von Kasendorf.
Dargestellt ist die Übergabe der Bekenntnisschriften an Kaiser Karl V. (links)
auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 [aus A. Marsch = Lit. 3, Abb. 26]

 

      Bild 6

Ausschnitt aus dem Konfessionsgemälde von Bad Windsheim:
in der Mitte eine Taufhandlung [aus (3) A. Marsch, Abb. 49]           => größer [338 kB]


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