Das Gräberfeld von Mockersdorf-Bühl 

Ein Reihengräberfeld aus dem frühen Mittelalter
 

Gde. Neustadt am Kulm

Rituelle Praktiken -3-  

Von Wiedergängern und Grabräubern

"Mit beraubten Gräbern sehen sich Archäologen bei Friedhöfen unterschiedlichster Zeitstellung konfrontiert. Offensichtlich ist es in erster Linie das Streben nach Schmuck und Beigaben, das zur Störung und Zerwühlung der Skelette führte. Seltener stößt man auf Gräber, bei denen nach der Beisetzung Veränderungen vorgenommen wurden, die wohl im weitesten Sinne mit symbolischer Bannung des Toten bzw. Angst vor Wiedergängern zu tun haben. Außergewöhnlich zahlreiche Bestattungen dieser Art traf man im slawischen Gräberfeld von Mockersdorf (68) an. Dort wurde bei fast allen Skeletten der Schädel sekundär verlagert: in einem Grab spießte man ihn auf den entnommenen Unterarm auf, in einem anderen wurde er unter einem fast die ganze Grabbreite einnehmenden Sandstein zerdrückt.

Da die übrigen Knochen dabei nicht bewegt wurden, geschah dies zu einem Zeitpunkt, als die Verwesung des Leichnams abgeschlossen war.
Besonders eindrucksvoll ist ein Frauengrab, bei dem der Körper der Toten nach Verlagerung des Kopfes mit zahlreichen großen Sandsteinbrocken bedeckt wurde (Abb. 63). Weitere zwei Personen wurden auf dem Bauch liegend beerdigt. Vergleichbare Praktiken sind für die benachbarte Nekropole von Eichelberg (71), aber auch für das Gräberfeld von Matzhausen (86) überliefert. Die im Gräberfeld Mockersdorf beobachteten Praktiken der 863 erstmals in den Schriftquellen überlieferten Naabwenden (Nabavinida) sind am ehesten Zeugnis eines tief verwurzelten Volksglaubens, der den Umgang mit Verstorbenen außerhalb christlicher Traditionen regelte."
[Hans Losert in (1), S. 303 - Die (Nummern) beziehen sich auf eine Übersicht der Fundorte.]

(1) Archäologie in Bayern - Fenster zur Vergangenheit (= Lit. 43)

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Der verlagerte Schädel wurde auf einen Armknochen aufgespießt, desgleichen der Unterkiefer (rechts).    Bild 1

Schädel von Grab 6: Wie auch der Unterkiefer (rechts)
wurde dieser an einem Armknochen 'aufgespießt'.

    Bild 2

Abb. 63: Grab 22 mit Steinpackung im Brustbereich

 

Der Schädel ist verlagert, der rechte Arm fehlt. Das Messer ist jedoch noch vorhanden.     Bild 3

Grab 22 ohne Steinpackung 


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